Zum Hauptinhalt springen

01. Juli 2025

Alkoholfreier Bio-Genuss: Wie entalkoholisierter Wein & Sekt den Markt erobern

Sektgläse auf Tablett

Lange Zeit war es undenkbar: Ein Glas Wein oder Sekt genießen, ohne dabei Alkohol zu konsumieren. Doch die Zeiten ändern sich, und mit ihnen die Ansprüche an unsere Getränke. Entalkoholisierter Wein, Sekt und Schorlen sind nicht länger nur eine Notlösung für Schwangere oder Autofahrer, sondern haben sich zu einer ernstzunehmenden und vor allem schmackhaften Alternative für alle entwickelt, die bewusst auf Alkohol verzichten möchten – oder müssen.

Der Wachstumsmarkt "Alkoholfrei": Eine Chance 

An den aktuellen Statistiken lässt sich ablesen: Der Pro-Kopf-Konsum alkoholischer Getränke geht in Deutschland zurück, und eine konsumstarke Wein-Zielgruppe fällt altersbedingt nach und nach weg. Dies schafft Raum für Neues – und hier kommen alkoholfreie Alternativen ins Spiel.

Zwar sind aktuell nur 1,5 % des in Deutschland verkauften Weines alkoholfrei, aber die Tendenz ist stark wachsend, weil sich die Trinkgewohnheiten ändern. Während der Umsatz mit Wein 2024 in Deutschland insgesamt leicht zurückgegangen ist, wurde von alkoholfreiem Wein doppelt so viel gekauft wie im Vorjahr, so das Ergebnis einer vom Deutschen Weininstitut (DWI) beauftragten Weinmarktanalyse. Noch besser läuft es für alkoholfreien Sekt. Er ist noch zugänglicher, da durch die Kohlensäure die fehlende Struktur oft wiederhergestellt wird.

"Mindful Drinking" liegt im Trend: Mehr als nur Verzicht

Der Alkohol-Verzicht ist zunehmend nicht mehr nur situativ, z.B. wegen Autofahrens. Eine große Rolle spielt der Gesundheits- und Lifestyle-Gedanke, vor allem bei den Millennials und der Generation Z. So ist z.B. der „Dry January“ in der Altersgruppe der 18-29-Jährigen besonders stark verbreitet. Weitere Gründe, aus denen sich Menschen für alkoholfreie Alternativen entscheiden, sind Experimentierfreude und Neugierde, aber auch religiöse Motive. Dieser Trend des "Mindful Drinking" – bewusster Genuss ohne Reue – passt perfekt zum Ethos des Bio-Handels.

wein2

Qualitätssprung dank moderner Verfahren

Lange war alkoholfreier Wein unter Weinkennern verpönt. Die Herstellungsverfahren galten als zu aufwendig und noch nicht ausgereift, das geschmackliche Ergebnis war teilweise stark verflacht. Doch dank erheblicher Fortschritte in den Verfahren zur Entalkoholisierung haben alkoholfreie Weine und Sekte einen Qualitätssprung gemacht und das Angebot hat sich erheblich verbreitert. Rotwein, Weißwein, Roséwein oder Sekt – alles ist inzwischen auch alkoholfrei zu bekommen.

Wie Weinsommelier Caspar Scholz von Riegel Bioweine betont: "Winzer, Hersteller und auch Konsumenten haben in den letzten Jahren im Bereich entalkoholisierter Wein sehr viel Erfahrung gesammelt, die Qualität ist deutlich besser geworden."

Das Geheimnis der Entalkoholisierung: Schonende Verfahren

Um einen alkoholfreien Wein herzustellen, muss zunächst einmal ein Wein erzeugt werden, dem dann der Alkohol entzogen wird. Dieses Entziehen des Alkohols führt zu einem Verlust von etwa 10-14% Flüssigkeit. Teilweise werden in einem zweiten Schritt dem separierten Alkohol Aromen entzogen und dem Wein wieder zugesetzt.

Zwei häufig eingesetzte Methoden sind die Vakuumdestillation und die Umkehrosmose:

  • Vakuumdestillation: Dies ist die gängigste Methode. Unter Vakuum verdampft der Alkohol bereits bei 27-32 Grad Celsius, sodass ein Großteil der Aromen erhalten bleibt. Diese Methode ist aufwendig und teurer, aber das Ergebnis ist sehr nah am Original.
  • Umkehrosmose: Hier erfolgt die Entalkoholisierung durch einen Filterprozess. Der Wein wird durch eine sehr feinporige Membran gepresst, die den Alkohol abtrennt. Hier sind mehrere Durchläufe nötig, um den Alkoholgehalt auf das Höchstmaß von 0,5% vol. zu reduzieren, wobei jeder Durchlauf einen gewissen Geschmacks- und Farbverlust mit sich bringen kann. Das Verfahren ist weniger energieaufwendig, aber unpräziser und zeitaufwendiger.

Entalkoholisierte Weine sind defacto eine andere Produkt-Kategorie. Den 1:1-Vergleich kann entalkoholisierter Wein auch heute schwer gewinnen, denn Alkohol fungiert auch als Geschmacksträger. Aber neue, schonendere Verfahren sorgen dafür, dass Fruchtaromen, Säurestruktur und Tannine erkennbar bleiben und die Qualitäten deutlich gehoben wurden.

Rechtliche Hürden gefallen: Bio-Siegel für entalkoholisierten Wein

Eine wichtige Neuerung ist, dass seit dem 18. März 2025 ökologisch hergestellter, entalkoholisierter Wein endlich auch wieder das Bio-Siegel tragen darf! Dazu war in der EU-Öko-Verordnung eine Ergänzung von Verfahrensvorschriften zur Entalkoholisierung nötig. Diese Anpassung ist ein großer Schritt, da die nötige Grundlage für die Bio-Zertifizierung zuvor fehlte – eine Nachlässigkeit im EU-Gesetzgebungsprozess, die bei Herstellern und Händlern von alkoholfreien Bio-Weinen zu beträchtlichen Umsatzeinbußen führte. Nun steht einer erfolgreichen Vermarktung entalkoholisierter Weine auch von rechtlicher Seite nichts mehr im Wege.

Die Preis-Frage: Warum alkoholfrei nicht billiger ist

Viele Leute denken, alkoholfreier Wein müsse billiger sein, weil kein Alkohol enthalten ist. Das Gegenteil ist richtig: Er ist oft teurer als normaler Wein, und das hat seine Gründe:

  1. Es erfordert zusätzliche Produktionsschritte, den Alkohol zu entziehen.
  2. Es gehen 10-14% der Flüssigkeit verloren, wenn man dem Wein den Alkohol entzieht.
  3. Entalkoholisierte Weine schmecken umso gehaltvoller, je besser (und teurer) der Ausgangswein ist.

wein3

Offizielle Bezeichnung und Rest-Alkohol

Die offizielle Bezeichnung für derart erzeugte Weine und Sekte lautet „entalkoholisierter Wein“ oder „schäumendes Getränk aus entalkoholisiertem Wein“. Rechtlich gelten Weine unter 0,5 % vol. als alkoholfrei. Sie dürfen zusätzlich die Bezeichnung „alkoholfrei“ tragen:

  • unter 0,05 % vol.: „alkoholfrei“ (ohne weitere Angabe)
  • 0,05 – 0,49 % vol.: „alkoholfrei <0,5 % vol.“

Wichtig für den Verkauf: Für ultra-sensible Kundengruppen (z.B. religiöse oder medizinische Gründe) kann der Rest-Alkohol ein Ausschlusskriterium sein.
Hier sollte auf Getränke zurückgegirffen werden, die mit „0,0 %“ deklariert sind.

Fazit: Eine Bereicherung für Alle

Alkoholfreier Wein und Sekt sind weit mehr als nur ein Trend. Sie sind eine Bereicherung für jedes Sortiment und ermöglichen es den Gästen, bewussten Genuss und Lebensqualität miteinander zu verbinden. Die Qualität hat ein beeindruckendes Niveau erreicht, die rechtlichen Rahmenbedingungen sind geklärt, und das Wachstum am Markt ist spürbar. 

 

Quellen: Bodan Marktplatz Juli 2025